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DekonstruktionSystemtheorie / Radikaler Konstruktivismus



Siehe auch: Materialität (D)

Ereignis (ST)

Luhmann führt den Ereignisbegriff zur Unterscheidung zwischen den Strukturen und den Letztelementen bzw. Komponenten von sozialen und psychischen Systemen ein. Demnach zeichnen sich Kommunikationen und Gedanken als Komponenten sinnprozessierender Systeme konstitutiv durch ihre Flüchtigkeit aus. Jede selektive Operation ist ein Ereignis, das die Differenz von Vergangenheit und Zukunft und damit einen Verweisungshorizont erzeugt. Sinnhafte Ereignisse werden von kommunikativen und psychischen Strukturen selektiert, die ihrerseits relativ stabil und deshalb lernfähig sind.

Diese Lernfähigkeit wird von v. Foerster im Modell nicht-trivialer oder historischer Maschinen formuliert. Lernende Systeme erlauben die zustandsrelative Interpretation von Inputs. Sie sind synthetisch determiniert, geschichtsabhängig, analytisch indeterminierbar und deshalb praktisch unvorhersagbar.

Im Rahmen der allgemeinen Systemtheorie wird die Temporalisierung von Wirklichkeit durch den Begriff des Prozesssystems (Schlosser) markiert. Prozesssysteme sind Relationsgefüge, die sich gemäß struktureller Möglichkeiten nicht-willkürlich verändern und trotz temporaler Zustandswechsel ihre spezifische Identität bzw. ihre Organisation aufrechterhalten. Schmidt kennzeichnet Wirklichkeit in diesem Sinn als Prozess und als Prozessresultat.

--> Die Temporalisierung von strukturdeterminierten Selektionen konkretisiert die Ablehnung des Essenzialismus in der aktuellen Gendertheorie. Die mit der Geschlechterdifferenz assoziierten ontologischen Eigenschaften sind nicht statische Merkmale, sondern werden als Unterscheidungsoperationen von biologischen, psychischen und sozialen Systemen realisiert. Die Bestimmung struktureller Selektionen durch ihren ephemeren Charakters trifft sich mit dem Bemühen der Dekonstruktion, Materie – als einen für die Bestimmung des Geschlechts entscheidenden Begriff – als Prozess zu begreifen. Die Materialität des Geschlechts ist demnach der mediale Vollzug von Differenzen auf unterschiedlichen Ebenen.

© Sibylle Moser & proddiff (Stand: 10.9.2003)

Siehe auch: Struktur (D); De-Ontologisierung (ST/RK); Form/Medium (ST)

Literaturhinweise
•  Butler, Judith (1993): Bodies that Matter. On the Discursive Limits of "Sex" [kommentiert (D)].
•  Foerster, Heinz von (1994): Wissen und Gewissen. Versuch einer Brücke.
•  Luhmann, Niklas (1984): Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie [kommentiert (ST)].
•  Schlosser, Gerhard (1993): Einheit der Welt und Einheitswissenschaft. Grundlegung einer allgemeinen Systemtheorie.
•  Schmidt, Siegfried J. (1998): Die Zähmung des Blicks. Konstruktivismus-Empirie-Wissenschaft [kommentiert (RK)].

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