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DekonstruktionSystemtheorie / Radikaler Konstruktivismus



Viabilität (RK)

Der Begriff der Viabilität wurde von v. Glasersfeld im Kontrast zum Begriff der Wahrheit eingeführt und bezeichnet die Gangbarkeit einer Problemlösung. Während Wahrheit die Referenzbedingungen von Sätzen markiert und auf sprachlichen Regelungsmechanismen basiert, zielt Viabilität auf die Funktionalität eines Verhaltenszusammenhangs ab. Die Viabilität eines Verhaltens bemisst sich ex negativo, viabel ist, was sich als nicht unmöglich herausstellt. Die Gangbarkeit einer Problemlösung ändert sich mit dem Komplexitätsgrad der Problemstellung. Während biologische Viabilität die möglichen Formen bzw. "Passungen" eines Organismus in seiner Umwelt bezeichnet, umfasst psychische und soziale Viabilität die Vielfalt möglicher reflexiver Handlungsweisen.

In Anlehnung an Piaget unterscheidet v. Glasersfeld konkrete sensumotorische Handlungen und mentale Operationen und erweitert damit den Begriff des Problemlösens um die Dimension sprachlicher Reflexion. Symbolisches Problemlösen bzw. 'Denken' verwirklicht einen "zweistufigen Instrumentalismus". Es besteht einerseits im Aufbau kohärenter begrifflicher Strukturen, andererseits in den sensumotorischen 'praktischen' Effekten dieser symbolischen "Re-präsentationen". Wissenschaftliches Handeln bzw. empirische Theorien verwirklichen symbolische und effektive Problemlösungskapazitäten. Der Radikale Konstruktivismus diskutiert den Wahrheitsbegriff deshalb im Kontext der Nützlichkeit bzw. der praktischen Relevanz von Erkenntnisprozessen.

--> Die Fokussierung der operationalen Dimension des Wissensprozesses trifft sich mit der Ablehnung wertfreier Wissenschaft im Rahmen feministischer Wissenschaftskritik. Sie verdeutlicht, dass Wissensprozesse immer in Kontexte praktischer Notwendigkeit eingebettet sind.

© Sibylle Moser & proddiff (Stand: 10.9.2003)

Siehe auch: Enactment (RK); Evolution (ST/RK); Repräsentation (RK); Wissen (ST/RK)

Literaturhinweise
•  Glasersfeld, Ernst von (1985): "Einführung in den radikalen Konstruktivismus [kommentiert (RK)]".
•  Glasersfeld, Ernst von (1994): "Piagets konstruktivistisches Modell: Wissen und Lernen".
•  Moser, Sibylle (2002): "Observing Differences, Embodying Knowledge. Radical Constructivism Meets Feminist Epistemology".
•  Varela, Francisco J. (2001): "'Wahr ist, was funktioniert.' Francisco J. Varela über Kognitionswissenschaft und Buddhismus, die untrennbare Verbindung von Subjekt und Objekt und die Übertreibungen des Konstruktivismus [kommentiert (RK)]".

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