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DekonstruktionSystemtheorie / Radikaler Konstruktivismus

Gattung/Genre (D)

Gattung bzw. Genre - verstanden als eine ästhetische Ordnungs- und Klassifikationskategorie - umfasst eine Anzahl gemeinsamer Charakteristika, die eine Kategorisierung verschiedener Formen künstlerischen Ausdrucks oder kultureller Produktion über bestimmte Schlüsselelemente ermöglicht. Die Einsicht in die Beschränktheit der Gattungsklassifikation und der Zweifel an strikten Gattungsgrenzen sowie an intrinsischen bzw. formalen Eigenschaften von Gattungen entstanden nicht erst im Poststrukturalismus (vgl. Rezeptionsästhetik). Dekonstruktive Ansätze kritisieren, dass klassifikatorische Festschreibungen immer ideologisch begründet sind und nur über letztlich nicht zu beherrschende Ausschlussmechanismen funktionieren (Derrida). Dagegen setzt die Dekonstruktion auf die Vervielfältigung von Genres jenseits essentialistischer Zuschreibungen und strenger Konventionen (Intertextualität, Hybridität).

--> Für GendertheoretikerInnen ist die (auch etymologische) Verwobenheit von Genre und Gender Angelpunkt von Reflexion und Kritik. In einem ersten Schritt werden traditionelle Verbindungen bestimmter Genres zu Männlichkeit und Weiblichkeit kritisiert und der Kanon diesbezüglich revidiert. In einem radikaleren Ansatz werden Genre und Gender als prinzipiell unabschließbare, vielfältige Kategorien gefasst.

© Anna Babka (Stand: 6.10.03)

Siehe auch: Autobiografie (D); Hybridität (D); Rhetorik (D)

Literaturhinweise
•  Babka, Anna (2002): Unterbrochen. Gender und die Tropen der Autobiographie [kommentiert (D)].
•  de Man, Paul (1984): "Autobiography as De-facement [kommentiert (D)]".
•  Derrida, Jacques (1994): "Das Gesetz der Gattung [kommentiert (D)]".
•  Trinh, Minh-ha T. (1989): Women. Native. Other. Writing Postcoloniality and Feminism [kommentiert (D)].

Bibliografie zum Glossareintrag

Medienschema (RK)

Sowohl Luhmann als auch verschiedene Vertreter des kognitionswissenschaftlichen Konstruktivismus betonen, dass Kommunikations- und Wahrnehmungsprozesse immer in konkreten Formen als Selektionen von Sinn verwirklicht werden. Die konstruktivistische Medienkulturtheorie schließt hier an den Begriff des kognitiven Schemas an und spezifiziert diesen auf der Ebene der Medienangebote als Medienschema.

Medienschemata sind kognitive Invarianten, die zur Typisierung kommunikativer Prozesse eingesetzt werden. Sie bündeln eine Reihe sozialer Erwartungserwartungen und erscheinen auf der kommunikativen Ebene als Gattungsbezeichnungen. Medienschemata machen die thematische Orientierung, die Referenzialisierung sowie die funktionale Interpretation von Medienangeboten erwartbar und werden in Differenz zueinander wahrgenommen.

Der Begriff des Medienschemas weist die Frage nach der medialen Darstellung von Wirklichkeit als epistemologische Frage aus. Da die Funktion von Medienschemata in der Regelung von Referenzbereichen und Aussagemodalitäten besteht, ermöglicht ihre Selektivität die "Bewältigung der ontologischen Frage", d.h. der Frage danach, was wirklich ist. Medienschemata sind ihrerseits in symbolische Ordnungen wie Weltbilder eingebettet, die als Makro-Schemata thematische Räume und kulturelle Semantiken strukturieren.

--> Da die Geschlechterdifferenz als soziales Phänomen von ihrer kommunikativen Darstellung abhängt, stellt sich die Frage, inwiefern Medienschemata Geschlechterkonzepte implementieren. Die weitgehend unbewusste Anwendung von Medienschemata bringt konstitutiv das soziale Wissen der KommunikatorInnnen zum Ausdruck.

Medienschemata erlauben es, die Semantik der Geschlechter mit spezifischen Erwartungen über ihre Form bzw. ihre medialen Selektionsbedingungen zu koppeln. So ermöglicht beispielsweise die feministische Autobiografie die Darstellung eines homogenen weiblichen Selbst-Konzepts, das auf der Entwicklungslogik realistischer Erzählweisen basiert. Die poststrukturalistische Theoriebildung diskutiert prominent, inwiefern der Bruch mit Genrekonventionen mit einer Subvertierung von Geschlechtsidentitäten einhergeht.

© Sibylle Moser & proddiff (Stand: 10.9.2003)

Siehe auch: Schema (RK); Mediensystem (RK); Form/Medium (ST)

Literaturhinweise
•  Babka, Anna (2002): Unterbrochen. Gender und die Tropen der Autobiographie [kommentiert (D)].
•  Braidt, Andrea B. (1998): "Performing 'Genre'. Hybrid Bodies, Splatter Conventions and Transgender Identity in Hans Scheirl's Dandy Dust".
•  Crawford, Mary / Chaffin, Roger (1986): "The Reader´s Construction of Meaning: Cognitive Research on Gender and Comprehension".
•  Schmidt, Siegfried J. (1987): "Towards a Constructivist Theory of Media Genre".
•  Schmidt, Siegfried J. (1999): "Blickwechsel. Umrisse einer Medienepistemologie [kommentiert (RK)]".

Bibliografie zum Glossareintrag




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