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DekonstruktionSystemtheorie / Radikaler Konstruktivismus

Subversion (D)

Der Terminus Subversion bezeichnet in politischen Kontext eine heimlich betriebene Tätigkeit, die auf den Umsturz der bestehenden staatlichen Ordnung von innen heraus und mit ihren eigenen Mitteln zielt. Auch für die Dekonstruktion fordert Derrida in Grammatologie, dass sie von "innen her" operieren müsse; sie habe sich "aller subversiven, strategischen und ökonomischen Mittel der alten Struktur zu bedienen". In poststrukturalistischen und dekonstruktiven Kontexten wird darüber hinaus nicht nur der destruktive Aspekt, sondern auch der konstruktive Charakter subversiver Strategien und Praktiken hervorgehoben. Subversion wird nicht als eine einfache Umkehrung bestehender Verhältnisse verstanden, sondern als eine Aneignung, Umwertung und Verschiebung derselben, mit dem Ziel, ihre Kontingenz, historische Gewordenheit und folglich Veränderbarkeit aufzuzeigen.

--> In feministischen und genderspezifischen Kontexten bezeichnet Subversion die Unterminierung der dominanten Geschlechterordnung durch Körper- und Lektürepraktiken, "die herrschende Diskurse variierend durchkreuzen, destabilisieren und einen Resignifikationsprozess in Gang setzen" (Kroll 2003, "Subversion"). In ihrem epochemachenden Buch Gender Trouble macht Butler die "Subversion der Identität" zum Programm und stellt die Frage nach den Bedingungen ihrer Möglichkeit: Was ist Subversion und wie ist sie als solche innerhalb bestehender Machtstrukturen überhaupt erkennbar? Welche Formen der Subversion sind in der Lage, bestehende Machtstrukturen tatsächlich und 'dauerhaft' zu erschüttern, welche dienen lediglich der Bestätigung und Bekräftigung des Bestehenden? Butler argumentiert mit Foucault, dass es keinen Ort außerhalb der Macht gibt. Subversive Praktiken können nur im Rahmen der Gesetze und Normen statthaben, die diese zugleich ermöglichen und beschränken. Butlers Konzeption der Geschlechtsidentität als eine performative und reiterative Zitationspraxis, unterstreicht die Möglichkeit proliferierender Resignifikationen. KritikerInnen geben jedoch zu bedenken, dass zwar positive (subversive) Zitationen immer stattfinden können, dass es jedoch im Rahmen von Butlers Theorie nicht möglich ist, zwischen jenen Performativen zu unterscheiden, die die heterosexuelle Norm konsolidieren und jenen, die ihre Kontingenz aufdecken (Salih 2002).

Auch für den literaturtheoretisch orientierten dekonstruktiven Feminismus ist der Begriff der Subversion zentral. Das Eigentliche, das Authentische, das Wahrhaftige und andere absolut gesetzte Instanzen werden in einer an Substitutionen und Resignifikationen interessierten Lektüre hinterfragt und unterminiert (Wagner). Besonders Shoshana Felman unternimmt in ihren Lektüren den Versuch, die Spaltung und Fragmentierung der (männlichen) Identität durch die Substitution von Frau und Mann sowie ihre Bisexualisierung aufzuzeigen.

© Anna Babka (Stand: 6.10.03)

Siehe auch: Macht (D); Dekonstruktion (D); Handlungsfähigkeit (D); Genealogie (D); Iterabilität (D)

Literaturhinweise
•  Butler, Judith (1990): Gender Trouble. Feminism and the Subversion of Identity [kommentiert (D)].
•  Derrida, Jacques (1983): Grammatologie.
•  Foucault, Michel (1983): Sexualität und Wahrheit I: Der Wille zum Wissen [kommentiert (D)].
•  Kroll, Renate (Hg.) (2002): Metzler Lexikon. Gender Studies/Genschlechterforschung. Ansätze, Personen, Grundbegriffe.
•  Salih, Sara (2002): Judith Butler [kommentiert (D)].
•  Wagner, Hedwig (1998): Theoretische Verkörperungen: Judith Butlers Feministische Subversion der Theorie.

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