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DekonstruktionSystemtheorie / Radikaler Konstruktivismus



Siehe auch: Metalepse (D)

Kopplung, strukturelle (ST/RK)

Mit dem Begriff der strukturellen Kopplung wird die Struktur der Wechselwirkung bzw. der Kreiskausalität beschrieben: in strukturell gekoppelten Bereichen werden Wirkungen zu Ursachen und umgekehrt. Der Begriff wurde von Maturana und Varela eingeführt, um die Beziehung zwischen Systemen und ihrer Umwelt zu bestimmen und untermauert ihre antirepräsentationalistische Beziehung. Strukturell gekoppelte Einheiten produzieren durch ihre wechselseitige Reaktion einen Bereich wechselseitiger Koordination bzw. Koorientierung, ohne einander zu determinieren. Der Begriff der strukturellen Kopplung ersetzt den Begriff der Kausalität durch den des Ermöglichungsverhältnisses. Die Umwelt ist ein Bedingungsraum, der Strukturbildungen ermöglicht, aber nicht determiniert. Hejl weist entsprechend darauf hin, dass operational geschlossene Systeme nicht extern steuerbar sind.

Der Begriff der strukturellen Kopplung informiert die Uminterpretation des Begriffs der Evolution im Rahmen der Theorie autopoietischer Systeme und wird sowohl in der konstruktivistischen Medienkulturtheorie als auch in Luhmanns Soziologie zum entscheidenden Argument gegen repräsentationalistische Bedeutungskonzepte. Kommunikationen können kognitive Systeme nicht steuern, sondern nur irritieren. Die Wirkung von Medienangeboten erfolgt indeterministisch. Die konstruktivistische Medienkulturtheorie geht davon aus, dass Mediensysteme soziale Systeme sowohl untereinander als auch mit kognitiven Systemen strukturell koppeln.

--> Der Begriff der strukturellen Kopplung wirft die Frage nach der Kontrollierbarkeit der Geschlechtstypisierung sozialer und psychischer Strukturen auf. Während ideologiekritische Kommunikationsbeobachtungen häufig von der patriarchalen 'Verzerrung' der Wirklichkeit und der Manipulation durch Medien ausgehen, die zu 'falschem Bewusstsein' führt, verdeutlicht der Begriff der strukturellen Kopplung, dass soziale Bedeutungsbildung aus selbstorganisierten Eigendynamiken resultiert. Geschlechterdifferenzen werden weder von der biologischen noch von der sozialen oder psychischen Umwelt eines Systemes zwingend determiniert; sie bringen vielmehr – bis sie kritisch beobachtet und ihre Unterscheidungen als obsolet ausgewiesen werden – erfolgreiche Geschichten der Koorientierung zum Ausdruck.


© Sibylle Moser & proddiff (Stand: 10.9.2003)

Siehe auch: Evolution (ST/RK); Mediensystem (RK); Autopoiesis (ST/RK)

Literaturhinweise
•  Hejl, Peter M. (1992): "Die zwei Seiten der Eigengesetzlichkeit. Zur Konstruktion natürlicher Sozialsysteme und zum Problem ihrer Regelung".
•  Luhmann, Niklas (1984): Soziale Systeme. Grundriß einer allgemeinen Theorie [kommentiert (ST)].
•  Maturana, Humberto R. (1985): Erkennen. Die Organisation und Verkörperung von Wirklichkeit. 2. durchges. Aufl..
•  Merten, Klaus (1994): "Wirkungen von Kommunikation".
•  Schmidt, Siegfried J. (1994): "Media: The coupling of cognition and communication".

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