Kontext (D)Wie der Terminus Kommunikation ist auch der Begriff des Kontextes eng mit Derridas 'Begriffen' der Schrift, der Iterabilität und der Pfropfung verknüpft. Derrida geht davon aus, dass der Kontext strukturell ungesättigt ist und niemals abschließend bestimmt werden kann. Das heißt auch, dass die Mehrdeutigkeit oder Polysemie eines sprachlichen Elements durch den Kontext nicht vollständig und abschließend eingegrenzt werden kann. Der Kontext ist keine alle Mehrdeutigkeiten reduzierende Grenze; er kann das Spiel der Differenzen, die différance, nicht beenden. Kontextuierung ist notwendig, aber der endgültige Kontext existiert nicht (Biti 2001). Aufgrund seiner wesentlichen Iterabilität kann jedes Zeichen mit seinem Kontext brechen. Es kann aus einer syntagmatischen Verkettung herausgenommen und in andere Ketten eingeschrieben oder diesen aufgepfropft werden und auf diese Weise unendlich viele neue Kontexte erzeugen. Dieser Möglichkeit der Rekontextualisierung, der Wiedereinschreibung und der Aufpfropfung sprachlicher Einheiten bedient sich die Dekonstruktion als ein textuelles Verfahren. Das heißt nicht, dass das Zeichen außerhalb vom Kontext gilt. Vielmehr dreht Derrida die Konstellation um: Es gibt nur Kontexte ohne absolutes Verankerungszentrum, was auch auf Derridas Diktum verweist, dass es kein Außerhalb des Textes gibt. Die Situation, das Umfeld, in der ein Äußerung gemacht wir, in dem eine Aussage steht, ist immer schon textualisiert bzw. durch sprachliche Gesetze strukturiert (Biti 2001).
--> Butler sieht in der Fähigkeit eines Zeichens oder einer Äußerung, mit ihrem Kontext zu brechen und neue Kontexte zu erzeugen (Dekontextualisierung und Rekontextualisierung), die Möglichkeit der Transformation und Resignifikation sprachlicher und gesellschaftlicher Bedeutungen, Normen und Konventionen und ihrer Verwendung zu Zwecken, zu denen sie nicht vorgesehen waren.
© Gerald Posselt & proddiff (Stand 6.10.03)
Siehe auch: Zeichen (D); Text (D); Schrift (D); Kommunikation (D); Referenz (D); Dissemination (D)
Literaturhinweise Biti, Vladimir (2001): Literatur- und Kulturtheorie. Ein Handbuch gegenwärtiger Begriffe. Butler, Judith (1993): Bodies that Matter. On the Discursive Limits of "Sex" [kommentiert (D)]. Butler, Judith (1997): Excitable Speech. A Politics of the Performative [kommentiert (D)]. Derrida, Jacques (1988): "Signatur Ereignis Kontext [kommentiert (D)]".
Bibliografie zum Glossareintrag
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